Arbeitspapier zu „Eizellspende” und „altruistische Leihmutterschaft” der „Arbeitsgruppe Eizellspende” der AKF Gynäkologinnen
Eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) im Sinne einer Liberalisierung der Eizellspende und der “altruistischen Leihmutterschaft” wird immer lauter gefordert.
Eine Arbeitsgruppe der Frauenärztinnen im AKF hat eine Stellungsnahme dazu erarbeitet. Darin werden viele bisher unbeantwortete Fragen aufgezeigt, die mit einer möglichen Liberalisierung einhergehen würden.
I Einleitung – warum jetzt eine Stellungnahme des Arbeitskreises Frauengesundheit e.V.?
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition ist die Planung einer Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin geplant, die die Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird.
Bereits in der letzten Legislaturperiode gab es im Deutschen Bundestag eine Anhörung zu einem Antrag der FDP, das Embryonenschutzgesetz (EschG) ändern zu wollen und die Eizellspende zu legalisieren. Meist wird die Diskussion einerseits nur unter dem Aspekt der Selbstbestimmung und andererseits der Problematik der genetisch geteilten Elternschaft geführt.
Als „Arbeitsgruppe Eizellspende” der AKF Gynäkologinnen wollen wir uns positionieren und wünschen uns nach einer erweiterten Diskussion mit dem Gesamt-AKF eine gemeinsame Erklärung zu dieser Problematik.
Wir wollen besonders aus medizinischer Sicht verdeutlichen, warum wir eine Legalisierung und Änderung des ESchG ablehnen.
Uns geht es um Gleichheit, Gerechtigkeit, sinnvollen Einsatz von Ressourcen, kritisches Hinterfragen des Wunsches nach unendlicher Machbarkeit, Akzeptieren der Endlichkeit und Stopp des Wahns nach unendlichem Wachstum.
Unsere Ausführungen beziehen sich nicht nur auf Kinderwunschbehandlung bei heterosexuellen Paaren, sondern gelten auch für alle anderen Formen gewünschter Elternschaft.
Bei unserer Diskussion haben uns auch die auf der AKF-Homepage im Januar 2021 verlinkten Stellungnahmen und Positionen, zum Beispiel die des FFGZ Berlin, von Bioskop, des Gen-ethischen-Netzwerks-GeN sowie die Stellungnahme des Instituts für Soziologie der Goethe Universität Frankfurt am Main (Dr. habil. Susanne Schultz) und unserer Kollegin Silke Koppermann geleitet:
https://arbeitskreis-frauengesundheit.de/2021/01/27/anhoerung-zur-eizellspende-im-deutschen-bundestag-den-schwerpunkt-auf-die-gesundheit-von-frauen-mit-unerfuelltem-kinderwunsch-legen/
II Problematik der Begriffe „Spende” und „Altruistische Leihmutterschaft”
Laut Duden ist eine Spende „etwas, was zur Hilfe, Unterstützung, Förderung einer Sache oder Person gegeben wird, beitragen soll”. „Das Eigentümliche einer Spende ist grundsätzlich stets der uneigennützige Gedanke. Der Spender wendet dem Empfänger etwas zu (klassisch: Geld oder Sachgegenstand), wofür er keine Gegenleistung erwartet.” (Definition Spende Uni Siegen)
Der Begriff Spende ist in Zusammenhang mit einer Fremdeizellbehandlung irreführend, denn es geht hier um einen Vorgang, der in einen global expandierenden, reproduktionsmedizinischen Markt eingebettet ist.
Eine Eizellabgabe setzt einen invasiven, gesundheitsbelastenden und risikobehafteten medizinischen Eingriff voraus. Unser Unbehagen in Bezug auf den Begriff „Spende“ mit „Aufwandsentschädigung” resultiert vor allem aus der Ausblendung der Marktakteure des medizinisch-industriellen Komplexes und der Ausbeutung der abgebenden Frauen.
Wir sehen die legislative Ungleichbehandlung von Eizellspende und Samenspende als gerechtfertigt an, da die Gewinnung der Eizellspende die potentielle Geberin einem Risiko aussetzt durch die hormonelle Stimulation und den invasiven Eingriff. Auch sind Eizellen im Gegensatz zu Spermien endlich. Ein Vorrat an Eizellen wird bereits im weiblichen Fötus angelegt. Jede Frau hat damit eine von Geburt an eine festgelegte Anzahl von Eizellen, die im Laufe der Jahre kontinuierlich abnimmt. Eizellen werden vom Organismus nicht nachgebildet.
Laut Duden bedeutet Altruismus eine selbstlose Denk- und Handlungsweise, Uneigennützigkeit. Wenn von „altruistischer Leihmutterschaft“ gesprochen wird, soll damit der Unterschied zur Lohnarbeit betont werden, wobei die Schwelle zwischen „Lohnarbeit“ und „Aufwandsentschädigung“ unklar ist, ebenso der Aspekt, dass natürlich Geld fließt, und zwar vor allem an das Reproduktionsmedizinische Zentrum.
Erfahrungen aus dem europäischen Ausland zeigen, dass ohne finanzielle Anreize die Spendenbereitschaft der Frauen gering ausfällt. Auch beim sogenannten Eggsharing in GB erhält die Abgebende einen geldwerten Vorteil.
Ungeklärt sind die Fragen, was eine Garantie für Altruismus sein könnte und wie die Offenlegung des „Spenden“- bzw. „Leih“verhältnisses bei einer Eizellbehandlung bzw. bei einer Ersatzmutter („Leihmutter“) gewährleistet sein könnte – etwa analog den strengen Richtlinien bei „Lebendorganspende“ durch eine Kommission.
Bei einer Legalisierung wären neue Ausbeutungsverhältnisse auch in Deutschland erwartbar und nicht zu vermeiden.
III Medizinische Aspekte – Risiken und Spätfolgen, fehlende Studien
Da die Behandlungen im Graubereich der selbst zu zahlenden Behandlungen liegen, gibt es keine genauen Zahlen, weder für die Empfängerinnen, noch viel weniger für die Geberin. Die Möglichkeit der besseren Beforschbarkeit unter geordneten deutschen Bedingungen ist für uns kein ausreichendes Argument für die Zulassung in Deutschland, zumal auch die Statistiken im deutschen IVF-Register inkonsistent sind.
- Gefahren für die Eizellnehmerin
Die Erfolgschancen einer Behandlung mit Fremdeizellen sind generell gering, abhängig von den Voraussetzungen bei der Eizellnehmerin und der Qualität der Eizellen der Geberin. An körperlichen Gefahren für die Eizellnehmerin stehen bei einer erfolgreichen Behandlung vor allem die Risiken einer Mehrlingsschwangerschaft und der Entwicklung eines schwangerschaftsbedingten neu auftretenden Bluthochdrucks und den damit assoziierten Folgen, der Präeklampsie.
Bei einer künstlichen Befruchtung mit IVF gibt es bei allen Beteiligten eine gewisse Bereitschaft ein Risiko für Mehrlinge einzugehen. Da die Schwangerschaftsrate in einem natürlichen Zyklus mit eigenen Eizellen bei fruchtbaren Frauen bei etwa 20 % liegt und eine künstliche Befruchtung im Gegensatz dazu einen hohen Aufwand für alle Beteiligten bedeutet, werden häufig zwei befruchtete Eizellen pro Transfer übertragen, um damit die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass es überhaupt zu einer Schwangerschaft kommt und damit die sogenannte „Baby-Take-Home“-Rate erhöht werden kann.
In einer 2021 publizierten Studie untersuchte Dr. Judith Altmann von der Berliner Charité die Prognose von Mutter und Kind bei Schwangerschaften nach Eizellspende aus drei großen Berliner Geburtskliniken. In die Studie wurden 115 Frauen einbezogen, davon waren 62 mit einem Kind, 44 mit Zwillingen, sieben mit Drillingen und zwei mit Vierlingen schwanger. Die Patientinnen waren median 44 Jahre alt. Auch wenn in vielen Fällen gesunde Kinder geboren wurden: Schwangerschaften mit Eizellspende gingen mit einem hohen Risiko für eine ungünstige Prognose für Mutter und Kind einher.
Auf Eizellspenden basierende Schwangerschaften sind mit einem hohen Risiko für schwere Komplikationen assoziiert, fassen Altmann und Kollegen zusammen. Zu bedenken sei natürlich auch das relativ hohe Alter der Teilnehmerinnen.
Nur zur Verdeutlichung jetzt kursiv eingefügt und klein gedruckt ein paar Erläuterungen für Menschen, die mit den medizinischen Sachverhalten nicht so vertraut sind:
Eine der schwangerschaftsbedingten lebensbedrohlichen Erkrankungen ist die Präeklampsie. Die Präeklampsie ist eine der gefährlichsten Krankheiten für werdende Mütter und deren ungeborene Kinder. Sie wird in unten zitierten Studien auch hypertensive Schwangerschaftserkrankung genannt.
Betroffen sein können mehrere Körpersysteme und Organe:
Ein erhöhter Bluthochdruck gehört zu den wichtigsten Symptomen, in seltenen Fällen mit Lungenödem und Herzinsuffizienz.
Ein abrupter Blutdruckanstieg kann zu einer Gehirnschädigung führen. Es kann zu einer Hirnblutung oder einem Hirnödem, was sich in Form von Sehstörungen und Kopfschmerzen bemerkbar machen kann und zu einem Krampfanfall führen kann.
Durch eine Präeklampsie kann die Blutgerinnung gestört sein und das Thromboserisiko erhöhen. Auf der anderen Seite kommt es aber auch zu einem vermehrten Verbrauch an Gerinnungsfaktoren. Die für die Blutgerinnung wichtigen Blutplättchen (Thrombozyten) verringern sich häufig. Dadurch erhöht sich das Blutungsrisiko z. B. bei operativen Eingriffen. Andere häufig zu beobachtende Blutveränderungen sind eine so genannte Hämolyse (das Platzen roter Blutkörperchen).
Eine Schwellung der Leber als Folge der Präeklampsie äußert sich häufig durch Schmerzen im Oberbauch, Schwindel und Erbrechen. Beim HELLP-Syndrom treten auf Grund nachlassender Leberfunktion Gerinnungsstörungen auf. Im Labor fallen oft bereits frühzeitig erhöhte Leberwerte auf.
Bei einer Schädigung der Nierenrinde kommt es zu einer Ausscheidung von zu viel Eiweiß über den Urin. Harnsäure und Kalzium werden dagegen meist in verringertem Maße mit dem Harn ausgeschieden und es kommt zur Einlagerung von Flüssigkeit (Ödeme) auch im Herzbeutel oder im Rippenfell sowie im Bauchraum.
Tritt eine Präeklampsie im frühen Schwangerschaftsstadium auf, kommt es vermehrt zur Plazentainsuffizienz, also einer Unterversorgung des Fötus. Folgen können Verzögerungen im Wachstum oder im schlimmsten Fall das Absterben des Fetus sein. Um das Leben der Mutter zu retten, kann es notwendig sein, eine extreme Frühgeburtlichkeit des Kindes in Kauf zu nehmen mit entsprechenden Risiken der bleibenden Behinderungen durch Gehirnblutungen und bleibenden neurologischen Störungen wie Spastischen Lähmungen oder Blindheit. Schwangerschaften mit eigenen Eizellen sind in bis zu 3 – 5% betroffen.
Die Präeklampsierate der Studienteilnehmerinnen betrug 16% bei Einlings-, 23% bei Zwillings- und 22% bei Drillings- oder Vierlingsschwangerschaften. 21% der einzelnen Kinder, 24% der Zwillinge und 67% der Drillinge oder Vierlinge wurden vor der 34. Schwangerschaftswoche entbunden. Vor der 37. Woche waren es sogar jeweils 35%, 63% und 89%.
Zum intrauterinen Fruchttod (IUFT) eines Fetus kam es bei zwei Einlings-, vier Zwillings- und einer Drillingsschwangerschaft. Rund 3% der einzelnen Kinder, 5% der Zwillinge und 33% der Drillinge oder Vierlinge waren Totgeburten. Darüber hinaus traten fünf perinatale Todesfälle aufgrund extremer Frühgeburten auf.
Die meisten Kinder kamen per Kaiserschnitt (Sectio) auf die Welt (mit einem hohen Anteil von Notkaiserschnitten). Die Sectiorate betrug bei einzelnen Kindern 49%, bei Zwillingen 67% und bei Drillingen oder Vierlingen 100%. Unabhängig von der Multiplizität der Schwangerschaft trat ein erhöhter peripartaler Blutverlust, mehr als 500 ml Blutverlust, auf: median 683 ml bei Einlingen, 782 ml bei dichorialen Zwillingen und 1214 ml bei Drillingen oder Vierlingen.
Quelle: https://doi.org/10.1007/s00404-021-06264-8
Altmann J et al. Lifting the veil of secrecy: maternal and neonatal outcome of oocyte donation pregnancies in Germany. Arch Gynecol Obstet 2021
Auch mehrere andere Studien zeigen, dass eine Schwangerschaft nach Eizellspende für Mutter und Kind häufiger lebensbedrohlich ist als eine Schwangerschaft nach reproduktionsmedizinischen Maßnahmen mit eigenen Eizellen.
An der Klinik der Autoren Pecks, Maass, Neulen ereigneten sich in den Jahren 2008/2009 drei schwere Fälle von neu entstandener Bluthochdruck mit Werten über 180/110 mm Hg vor der 26. Schwangerschaftswoche nach Eizellspende. Die Schwangerschaften wurden wegen akuter Lebensbedrohung für die Mutter frühzeitig beendet. Die drei Neugeborenen überlebten nicht. Fünf weitere Fälle mit milderem Verlauf konnten zwischen 2006 und 2010 erfasst werden. Vor diesem Hintergrund führten die Autoren eine Analyse von 28 Studien durch mit der Frage, ob eine Eizellspende das Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen bedingt. Die Rate über alle 2 308 Entbindungen nach Eizellspende betrug 22,6 %.
In 11 Arbeiten wurden die Schwangerschaftsverläufe von 644 Eizellempfängerinnen mit einer Kontrollgruppe (2 320 Patientinnen) verglichen. Im Vergleich zu Frauen der Kontrollgruppe, die eine konventionelle reproduktionsmedizinische Therapie erhalten hatten, betrug das Odds Ratio (OR) für die Entwicklung einer Präeklampsie nach Eizellspende 2,57 (95-%-Konfidenzintervall [KI] 1,91–3,47). In Arbeiten, in denen in der Kontrollgruppe nicht zwischen spontaner Konzeption und reproduktiver Therapie unterschieden wurde, lag das OR nach Eizellspende bei 6,60 (95-%-KI 4,55–9,57).
Die Datenlage weist auf ein erhebliches Risiko für eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung nach Eizellspende hin – auch für sehr frühe und schwere Präeklampsien. Die Autoren empfehlen, dass Schwangerschaften von Frauen, die sich einer allogenen Eizelltransplantation unterziehen, engmaschig durch Ärzte mit pränatalmedizinischer Spezialisierung überwacht werden.
Quelle: Pecks U, Maass N, Neulen J: Oocyte donation: a risk factor for pregnancy-induced hypertension—a meta-analysis and case series. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(3): 23–31. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0023
Weitere Studien mit ähnlichen Ergebnissen:
Maternal and fetal outcomes in oocyte donation pregnancies Published: 07 June 2016 im Human Reproduction Update, Volume 22, Issue 5, September/October 2016, Pages 620–633, https://doi.org/10.1093/humupd/dmw012 https://academic.oup.com/humupd/article/22/5/620/1749612
Wichtig ist es uns, bei der Diskussion auf die Tatsache hinzuweisen, dass sowohl Schwangerschaften bei “Eizellspende” sowie bei “altruistischer Leihmutterschaft” nur unter den Bedingungen assistierter Reproduktion zustande kommen.
Das impliziert, dass für diese Schwangerschaften all die in Studien beschriebenen Risiken häufiger vorkommen, die laut aktueller Literatur bei assistierter Reproduktion häufiger vorkommen als bei spontan eintretenden Schwangerschaften:
Und das sind neben der oben beschriebenen Präeklampsie auch noch „Placenta praevia, Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht und Fehlbildungen. Und dies gilt interessanterweise nicht nur für Mehrlingsschwangerschaften nach assistierter Reproduktion, sondern gerade auch für Einlingsschwangerschaften.“
Quelle: Schwangerenvorsorge, Goeckenjan et al., Gynäkologe 2021, Quelle: https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00129-021-04821-5
Im Folgenden noch einige Zitate aus den Metastudien, die im obigen Artikel von Goeckenjan erwähnt werden:
https://reproductive-health-journal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12978-019-0667-z
“Infertility has been declared as an emerging public health priority in developed countries. It is estimated that 10–15% of couples experience infertility, which is defined as a failure to conceive after 12 months of unprotected intercourse [2]. Assisted reproductive technologies (ART) are used to assist couples attempting to overcome the challenge of infertility. Between 1 and 5% of children in industrialized countries are conceived through ART, and this number is expected to increase further as more countries provide access as part of their healthcare system
Some studies suggest that ART pregnancies are associated with adverse maternal and perinatal outcomes, including preeclampsia, placenta previa, caesarean delivery, preterm birth, low birth weight, and congenital malformations, even among singleton pregnancies. The reasons for this higher risk relate to both the underlying cause of infertility and the ART itself”
– https://academic.oup.com/humupd/article/18/5/485/599029
“METHODS
Extensive searches were done by two authors. The protocol was agreed a priori. PRISMA guidance was followed. The data were extracted in 2 × 2 tables. Risk ratio and risk difference were calculated on pooled data using Rev Man 5.1. Quality assessment of studies was performed using Critical Appraisal Skills programme. Sensitivity analysis was performed when the heterogeneity was high (I2 > 50%).
RESULTS
There were 20 matched cohort studies and 10 unmatched cohort studies included in this review. IVF/ICSI singleton pregnancies were associated with a higher risk (95% confidence interval) of ante-partum haemorrhage (2.49, 2.30–2.69), congenital anomalies (1.67, 1.33–2.09), hypertensive disorders of pregnancy (1.49, 1.39–1.59), preterm rupture of membranes (1.16, 1.07–1.26),
Caesarean section (1.56, 1.51–1.60), low birthweight (1.65, 1.56–1.75), perinatal mortality (1.87, 1.48–2.37), preterm delivery (1.54, 1.47–1.62), gestational diabetes (1.48, 1.33–1.66), induction of labour (1.18, 1.10–1.28) and small for gestational age (1.39, 1.27–1.53).
CONCLUSIONS
Singletons pregnancies after IVF/ICSI are associated with higher risks of obstetric and perinatal complications when compared with spontaneous conception. Further research is needed to determine which aspect of assisted reproduction technology poses most risk and how this risk can be minimized.
The reasons for this higher risk relate to both the underlying cause of infertility and the ART itself.”
– https://academic.oup.com/humrep/article/28/1/125/59499
“Infertility and the risk of adverse pregnancy outcomes: a systematic review and meta-analysis
STUDY QUESTION
Do women who conceive without treatment after a long time to pregnancy (TTP) have an increased risk of preterm birth compared with women in the general obstetric population?
SUMMARY ANSWER
Based on this meta-analyses of 14 studies, women with a long TTP are at an increased risk of preterm birth: pooled crude odds ratio (OR): 1.38 (95% CI: 1.25–1.54).”
– https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10815-015-0610-3
“Is the wrong question being asked in infertility research?
A persistent finding is that assisted reproductive technology (ART) is associated with compromised birth outcomes, including higher risks for prematurity, low birthweight, and congenital malformations, even among singletons. Over the past decade, our research group, the Massachusetts Outcome Study of Assisted Reproductive Technology (MOSART), has evaluated pregnancy and birth outcomes among three groups of women, those women treated with ART, those with indicators of subfertility but without ART treatment, and fertile women. We have also explored the influence of infertility-related diagnoses on outcomes for women and infants. Over the course of our research, we have changed our perspective from an original focus on ART treatment parameters as the primary cause of excess morbidity to one centered instead on the underlying infertility-related diagnoses. This paper summarizes the research findings from our group that support this change in focus for infertility-based research from a primary emphasis on ART treatment to greater attention to the contribution of preexisting pathology underlying the infertility and suggests directions for future analyses.”
Auch eine Studie aus Staffordshire – am 10.03.2022 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht -zeigt, dass durch künstliche Befruchtung entstandene Schwangerschaften offenbar mit höheren Risiken für Geburtskomplikationen und vaskuläre Erkrankungen einhergehen als Schwangerschaften, die durch natürliche Empfängnis zustande gekommen sind.
Quelle: Journal of the American Heart Association 2022; DOI: 10.1161/JAHA.121.022658
2. Gefahren für die Eizellgeberin
Auch für die Eizellgeberin sind bei der „Spende“ medizinische Komplikationen möglich.
Insbesondere gibt es das Risiko des schweren Überstimulationssyndroms (allgemein bei IVF etwa 0,2 %) .
Auch können Blutungen im kleinen Becken und Entzündungen im Bereich der Eierstöcke auftreten, die eine mögliche Beeinträchtigung der eigenen Fertilität der Spenderin zur Folge haben können (allgemein bei IVF geschätzt bei 0,1 %).
Zwar argumentieren die Befürworter der Legalisierung, dass moderne Stimulationsverfahren, die Überstimulationssyndrome und Infektionen weitestgehend ausschließen, so dass dieser Vorbehalt an Tragfähigkeit verloren habe. Aber dass potentiell 3 von 1000 eizellabgebende Frauen gesundheitlich schwere gesundheitliche Risiken auf sich nehmen, muss aus unserer Sicht im Vorfeld jeder Debatte deutlich benannt werden. Es liegt nahe, dass einer Eizellspenderin eher stark stimuliert wird um maximale Erfolgsrate zu erreichen.
Es fehlen bisher Langzeitstudien zur reproduktiven Gesundheit von „Eizellspenderinnen“.
IV Ungeklärte Fragen im Falle einer Änderung des ESchG im Sinne einer Legalisierung von Fremdeizellbehandlung und Leihmutterschaft
Während des Brainstormings innerhalb unserer Arbeitsgruppe kamen wir auf zahlreiche Fragen, die vor einer Änderung des Embryonenschutzgesetzes beantwortet werden müssten und die wir im Folgenden aufzählen wollen:
- in Bezug auf die Gesundheit der Geberin bzw. der „Leihmutter“?
Wie lässt sich Ausbeutung, Ausnutzung und Ungerechtigkeit vermeiden?
Wer rekrutiert die Eizellgeberin? die potentielle Empfängerin? die IVF-Praxis? die Frauenärztin? Wie wird „altruistisch“ definiert? Wo ist der Einstieg in verdeckte Kommerzialisierung? Was wäre eine Garantie für Altruismus und wie könnte die Offenlegung des Spendenverhältnisses funktionieren?
Überprüfung des Altruismus durch Kommission (wie bei Lebendspende bei Organen)?
Wie wäre eine Aufklärung der Geberin über potentielle gesundheitliche Risiken gewährleistet?
IVF-Praxis, Beratung durch behandelnde Gynäkologin analog IVF, ggf gemeinsam mit der Empfängerin?
Studien zu Langzeitfolgen auf deren Fruchtbarkeit und Gesundheit fehlen – Eizellen sind nicht bis ins hohe Alter reproduzierbar wie männliche Keimzellen. Die Gesamtanzahl von Eizellen ist begrenzt.
Würden wir einer unserer Patientinnen oder einer unserer Töchter oder Enkelinnen zu einer Eizellabgabe raten oder eine Schwangerschaft als Leihmutter empfehlen?
- in Bezug auf die Empfängerin, die Frau mit Kinderwunsch
Prüfung der Empfängerin analog Adoption?
Beschränkung der Indikation?
z.B. Ausschlussindikation wie Z.n. mehrfacher vergeblicher IVF? nur „eindeutige“ Gründe, wie z.B. vorzeitige Wechseljahre oder nach fertilitätseinschränkender Behandlung?
(Wie sind eigentlich die Erfolgsraten bei Fertiprotect?)
Alter? (Die Leopoldina schlägt als Altersgrenze 50 vor. Warum diese Grenze?)
„Gutes“ Sperma der potentiellen Partner?
Wird auch eine gleichzeitige Eizellspende und Spermaspende erlaubt, um Frauenpaare oder Single-Frauen nicht zu diskriminieren?
Wird es eine Beratungspflicht für Eizellempfängerin geben wie Einbeziehung der Perspektive der Geberin und in Bezug auf die gesundheitlichen Risiken durch eine Schwangerschaft mit 100 % fremdem Erbgut?
Beratung zu „genetisch geteilter Elternschaft“ und Aufklärung der so entstandenen Kinder
Gemeinsame Beratung mit der Geberin?
Aufklärung über Chancen und spezifische Risiken und Beratung zu Alternativen
- in Bezug auf die Interessen des potentiellen Kindes
Wie wird sein Recht auf Wissen um die eigene Herkunft garantiert?
Was ist mit seinem Recht auf Wissen in Bezug auf seine eigenen genetischen Ursprünge, die Umstände der genetischen Mutter, die Herstellungstechnik, die Kosten, die angefallen sind?
Es müsste ein Spenderegister aufgebaut werden zur Sicherung der Nachverfolgbarkeit, Kontaktaufnahme und Begrenzung der Anzahl der Spenden.
Beratung zu „genetischer Elternschaft“ und offenem Umgang damit (Kontakt zum Kind), Halbgeschwister usw.
- Stichwort „Body Shopping“
Wie lässt sich vermeiden, dass menschliche Keimzellen zur Ware werden? Wie lässt sich Kommerzialisierung vermeiden?
Wird es analog zu Samenspender-Katalogen auch Kataloge für Eizellgeberinnen geben mit den Merkmalen: Ethnie? Genetik? Charakter? Bildung?
Wie wäre eine „Aufwandsentschädigung“ zu definieren, Summe? Festpreis? Erfolgsprämie?
Welche Regelungen soll es geben, wenn das Kind krank/nicht gesund ist?
Warum sollte die „Spenderin“ die einzige sein, die bei diesem Prozess nichts verdient und es „umsonst“ machen?
Forderung an weibliche Aufopferung/Altruismus? Ist „Eizellabgabe“ Arbeit (analog zu Sexarbeit)
Wie kann ein fairer “Preis” ermittelt werden? Was ist fair? Reicht es aus, dass die Eizellgeberin bzw. die „Leihmutter“ sich nicht als ausgebeutet empfindet, da ihre prekären Lebensverhältnisse ohne die Arbeit als „Leihmutter“ oder „Eizellgeberin“ (wie z.B. in Indien) noch viel schlimmer sind?
Wer bezahlt die „Arbeit“? IVF-Praxis oder Empfängerin direkt? Vermittlungsgebühr/Provision?
Welche Rechte hat die Geberin, die Empfängerin, das Kind?
V Wunscherfüllende Medizin – Globale Gerechtigkeit
Für alle Menschen fordern wir im AKF e.V. das Recht auf selbstbestimmte Sexualität, Zugang zu Schwangerenvorsorge, Verhütung, Schwangerschaftsabbruch sowie den Schutz vor Schädigung der reproduktiven Gesundheit. Deswegen ist es für uns selbstverständlich, dass wir nicht nur auf die Verhältnisse innerhalb der Bundesrepublik Deutschland blicken können.
In Zeiten der globalen Klimakrise und damit der Verschärfung der Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich lehnen wir eine Legalisierung der „Eizellspende“ und der „altruistischen Leihmutterschaft“ ab, da eine Legalisierung gegen jede reproduktive Gerechtigkeit verstoßen und die Ungerechtigkeiten verstärken würde und lediglich dem Interesse der Player auf dem globalen reproduktiven Gesundheitsmarkt dienen würde.
Eine Behandlung des unerfüllten Kinderwunsches ist nicht lebensnotwendig, von daher gibt keine Notwendigkeit der Behandlung im Ausland.
In der Praxis erleben wir, dass es sich bei den meisten Frauen mit unerfülltem dringenden Kinderwunsch um Frauen am Rande ihrer fruchtbaren Lebensphase handelt, deren Lebensplanung oder auch Partnerschaft sie die Verwirklichung ihres Kinderwunsches haben herausschieben lassen. Ob eine Eizellspende auch die übrigen Folgen einer frühzeitigen Menopause überwinden kann,
bleibt fraglich und somit auch die Erfolgsaussichten einer Behandlung mit Fremdeizellen.
Alltag in der gynäkologischen Praxis ist es, dass Frauen die Umsetzung ihres Kinderwunsches immer wieder aufschieben, wegen ungesicherter Arbeitsverträge, fehlender sozialer Unterstützung oder weil die Partner sie hinhalten, häufig auch in der Illusion, dass auch später noch alles machbar wäre. Daran zu arbeiten, wäre wesentlich dringlicher als die Einführung der Behandlung mit Fremdeizellen als technische (Schein)Lösung für ein nicht nur individuelles, sondern auch gesellschaftspolitisches Problem.
Und selbstverständlich kann ein Leben ohne biologisch eigene Kinder ein vollständiges und erfülltes sein.
Im Zeitalter der Klimakrise und der globalen Klimagerechtigkeit sollte es uns allen langsam klar werden, dass ein „Weiter-So“ mit Ausnutzung der natürlichen, sozialen und menschlichen Ressourcen gestoppt werden muss, dass wir im „globalen Norden“ nicht auf Kosten des „globalen Südens“ leben dürfen und dass die Ausbeutung armer Frauen durch den globalen Eizellhandel abzulehnen ist.
Nur die Ungleichheit durch ungerechte Verteilung von Reichtum und Armut macht den globalen Eizellhandel möglich ist.
Diskriminierung, soziale Ungerechtigkeit und ausbeuterische Wege, die in der Reproduktionsmedizin global üblich sind, müssen als solche benannt werden.
VI Recht auf ein eigenes Kind?
Ein „Recht“ auf eine Schwangerschaft bzw. auf ein „eigenes“ Kind sehen wir nicht, insbesondere nicht auf Kosten anderer (Eizellgeberin bzw. „Leihmutter“) oder auf Kosten der Allgemeinheit (Kassenfinanzierung) bei begrenzten Mitteln.
Als Argument für die Legalisierung der Eizellspende wird der Anspruch der Frauen /Menschen mit Kinderwunsch auf Reproduktive Selbstbestimmung und Autonomie genannt. Der Begriff der reproduktiven Selbstbestimmung wird auch im Vergleich zur Forderung nach Streichung des Abtreibungsverbotes, das wir als AKF fordern genannt. In dieser Beziehung wird das Recht, eine Schwangerschaft nicht auszutragen mit dem Recht auf ein zumindest teilweise biologisch eigenes Kind gleichgesetzt.
Historisch wird der Begriff der Selbstbestimmung, auch der reproduktiven Selbstbestimmung, als ein Abwehrrecht verstanden, ein Recht auf Schutz gegenüber Eingriffen und Fremdbestimmung, z.B. Gebärzwang einerseits, Zwangsverhütung/-Sterilisation, Vorenthalten von medizinischer Versorgung andererseits.
Der Anspruch auf Umsetzung die eigenen Wünsche unter Beanspruchung der Körper von Dritten (z.B. Anspruch auf Eizellen Anderer) gehört nicht zur Selbstbestimmung. Auch kann eine wirtschaftliche oder andere Notlage die Selbstbestimmung und freie Entscheidung der potentiellen Eizellgeberin einschränken, sodass sie sich unter Inkaufnahme einer möglichen Eigenschädigung zu diesem fremdnützigen Eingriff entschließt.
Es besteht ein gesellschaftlicher Konsens, dass einer Kommerzialisierung von menschlichen Körpern Einhalt geboten werden soll. Die Grenzen sind in diesem Zusammenhang umstritten, z.B. auch im Zusammenhang mit der Diskussion um Sexarbeit. Der Begriff Autonomie heißt im Übrigen nicht, jedeR kann machen, was sie will. Der Mensch bewegt sich in einem sozialen Gefüge, die Autonomie bedeutet Auswahl von Möglichkeiten innerhalb von sozialen Regeln.
Absehbar könnte sich durch eine Änderung des EmbryonenSchutzgesetzes die Nachfrage nach Eizellen vergrößern, die Indikationen dafür ausgeweitet werden und sich ein Rechtsanspruch darauf entwickeln. Sofort träte dann die Frage der Kassenfinanzierung im Rahmen der Gerechtigkeit auf. Das könnte sowohl den Kommerzialisierungsdruck erhöhen also auch den Druck auf potentielle Eizellgeberinnen, altruistisch ihre Eier zur Verfügung zu stellen im Sinne des bekannten Appells an den weiblichen Altruismus,
Wir fordern eine breite Aufklärung der Gesellschaft über gesundheitliche Risiken sowohl für die Eizellgeberin wie für die Eizellnehmerin.
Profitieren von einer Änderung des EschG würden vor allem die IVF-Praxen, die jetzt bereits einen beachtlichen Gewinn machen sowie natürlich auch internationale Konzerne auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin. Schaden nehmen würden sowohl die Frauen, die Eizellen abgeben und damit ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, um ihre elementaren Grundbedürfnisse finanzieren zu können.
Schaden nehmen würden auch die Frauen, denen falsche Hoffnung gemacht wurde und die trotz weiterer erfolgloser reproduktionsmedizinischer Maßnahmen weiter kinderlos bleiben würden.
Schaden nehmen würden auch die, deren Wunsch nach Schwangerschaft sich erfüllt, die aber durch das Austragen einen Fetus nach Eizellgabe schwere Komplikation erleiden, um ihren unerfüllten Kinderwunsch mit einer fremden Eizelle zu verwirklichen.
Wir können gut nachvollziehen, dass Frauen erwägen, ihren Kinderwunsch über den Weg einer Eizellspende zu erfüllen. Aber wenn wir eine gerechte und frauengerechte Ausrichtung von Medizin und Gesellschaft anstreben und alle Argumente abwägen, überwiegen aus unserer Sicht die Nachteile.
März 2022
Erstunterzeichner*innen
Dr. Andrea Dekorsy, Frauenärztin
Dr. Gabriele Göttsching-Krusche, Frauenärztin
Ruth Gottwald, Ärztin
Dr. Iris Hahn, Frauenärztin
Dr. Viola Hellmann,Frauenärztin
Katia Horstmann, Frauenärztin
Dr. Antje Huster-Sinemillioglu, Frauenärztin
Imme Koll, Frauenärztin
Silke Koppermann, Frauenärztin, Psychotherapeutin
Angelika Lauscher, Frauenärztin
Dr. Dipl. Psych. Angelika Linckh, Frauenärztin
Dr. Ingeborg Möller, Frauenärztin, Psychotherapeutin
Dr. Margret Rothers, Frauenärztin
Dr. Ulrike Schreiber, Frauenärztin
Dr. Dorothea Schuster, Frauenärztin, Psychotherapeutin
Elisabeth Steinle-Paul, Frauenärztin
Dr. Doris Tormann, Frauenärztin, Psychotherapeutin