Erfolgreiche Arbeitstagung der Gynäkologinnen im AKF mit Fachtag, Mai 2025
Dank eines tollen Programm und neuem Konzept sowie spannenden Referentinnen war die Arbeitstagung „Gynäkologie und Antifeminismus. Politische Einflussnahme auf Frauengesundheit, Selbstbestimmung und reproduktive Rechte“, 8. – 11. Mai 2025 in Berlin sowie der Offene Fachtag „Gynäkologie und Antifeminismus“, 10. Mai 2025 in Berlin bereits Wochen vorab ausgebucht.
Sylvia Groth wollte von Nora Szász aus der Vorbereitungsgruppe wissen, wie diese sehr erfolgreiche Arbeitstagung der Frauenärztinnen im AKF gelang:
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Groth: Was war eure Absicht mit der diesjährigen Tagung der Frauenärztinnen im AKF in Berlin?
Szász: Die Vorbereitungsgruppe ging aus der letzten Tagung 2024 in Frankfurt a. M. hervor. Diese war wie immer toll organisiert, und dennoch hatte sich der Trend einer abnehmenden Teilnehmerinnenzahl fortgesetzt. Uns wurde klar, dass unsere über Jahre so erfolgreich agierende Gruppe in einer Krise steckt: ein Generationenwechsel hatte sich vollzogen, ohne dass ausreichend neue, vor allem auch jüngere Kolleginnen dazukamen. Was tun?Es gab zwei Ansätze in einer heftigen Debatte: Unsere Frauenärztinnen-Gruppe aufzulösen und im Gesamt-AKF aufgehen zu lassen oder neue Wege zu beschreiten. Das setzte sich schließlich durch: raus aus dem bisherigen Charakter der in Klausur gehenden Tagungen an schönen Orten, rein in die Metropole, Öffnung der Tagung durch einen Fachtag mit niedrigschwelliger, kostengünstiger Teilnahmemöglichkeit. Wir setzten auf das aktuelle politische Thema Antifeminismus in seinen Auswirkungen auf die Frauengesundheit und wollten dabei gleichzeitig die bestehenden Netzwerke stärken und ausbauen. Passend dazu war unser Konzept. Wir gewannen Vertreterinnen aus der parlamentarischen Politik, aus der Berufsvertretung und Aktivistinnen der Zivilgesellschaft als Referentinnen. Wichtig war auch, unser Programm zuvor in den Netzwerken, wie etwa den Medical-Students-for-Choice-Gruppen, breit zu streuen.
Groth: Wie ist die Tagung gelaufen?
Szász: Die Tagung hat all unsere Erwartungen übertroffen und war ein großer Erfolg in jeder Hinsicht. Sie war sehr schnell ausgebucht. In Zahlen: 45 Teilnehmerinnen waren auf unserer Tagung, auf dem offenen Fachtag 75, mehr gingen nicht in die Räumlichkeiten des Frauenplanungszentrums BALANCE. Die Teilnehmerinnen waren Frauenärztinnen und Medizinstudierende, aber auch einige Hebammen, Psychologinnen, Ethikerinnen oder Soziologinnen. Uns gelang es, aktive Netzwerke einzubinden, wie Doctors for Choice, pro familia, das Feministische Frauengesundheitszentrum, das Familienplanungszentrum Balance, selbstbestimmt steril e.V., das Nationale Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung sowie ärztliche Berufspolitik. Wir haben viel Raum für Begegnungen und Diskussionen geschaffen. So konnten wir erleben, dass unsere Tagung wirklich zum lebendigen Ort der Vernetzung wurde. Wir hatten den Boden bereitet, auf dem Neues wachsen kann: 10 Frauen sind direkt auf der Tagung in den AKF und unsere Gruppe eingetreten. Für die Idee eines Jungen Forums im AKF vernetzten sich 20 junge Kolleginnen und Studentinnen. Nach dem tollen Workshop von Claudia Schumann-Droemer bildete sich spontan eine Gruppe von Teilnehmerinnen, die sich engagieren wollen, um gemeinsam den Leitfaden für die gynäkologische Untersuchung mehr publik zu machen – und vieles andere, was wir nur am Rande mitbekommen haben, wie etwa, dass Doctors for Choice Germany und Doctors for Choice Austria am Samstag andachten, ihre Jahrestagung 2026 zusammen durchzuführen. Inhaltlich hatten wir hervorragende und begeisternde Vorträge und Diskussionen. Auch das Feiern kam nicht zu kurz mit einer spannenden innovativen Erfahrung einer Silent Disco.
Groth: Welche Erkenntnisse habt ihr aus der Tagung gezogen?
Szász: Die wichtigste Erkenntnis ist, dass ein bisschen Mut und Risikobereitschaft sicherlich immer dazugehören, wenn man neue Wege beschreiten will. Wir hatten das Glück, eine tolle Vorbereitungsgruppe zu sein, in der wir uns auch immer wieder gegenseitig empowert haben, wenn es mal schwierige Momente gab. Wenn wir auf die Bilanz der Tagung und des Fachtages schauen, können wir mit Fug und Recht behaupten, dass dies ein erfolgreiches neues Format ist, was auch zukünftig tragfähig sein könnte. Die feministische Stimme der Frauenärztinnen im AKF, die so viele Jahre in hoher Qualität und Präsenz existierte und die so wichtig ist, wird nicht verstummen. Statt angedachter Auflösung haben wir wunderbare jüngere Kolleginnen und Studentinnen als Neumitglieder gewinnen können, die hoch motiviert sind, sich zu engagieren. Den Wärmestrom, von dem Imke Schwartau bei der Eröffnung sprach (nach Franziska Schutzbachs Buch: Revolution der Verbundenheit. Wie weibliche Solidarität die Gesellschaft verändert), konnten wir miteinander leben und erleben, auf der Tagung verbreiten und hoffentlich hinaustragen. Eine neue Vorbereitungsgruppe macht sich an die nächste Tagung, die am 17.-19.4.2026 zum Thema Gynäkologie und Geld stattfinden wird. Der Ort stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest.
Imke Schwartau formulierte in einem Statement zum Schluss der Tagung ihre Kritik an der nationalen Menopausenstrategie der Bundesregierung. Die Teilnehmerinnen schätzten sie sehr.
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Drei Kritikpunkte an einer nationalen Menopausen Strategie
Als Feministin finde ich es natürlich einen wichtigen Schritt, dass geschlechtsspezifische Belange sichtbarer werden und die Lebensphase des Alterns mit seinen verschiedenen Ausprägungen mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung erfährt.
Es besteht jedoch die Gefahr, dass diese Fokussierung auf die Menopause dazu genutzt wird, um feministische Anliegen zu befrieden oder sogar abzuschwächen. Das Thema verschiebt den Fokus und kann eine Platzhalterfunktion einnehmen und somit instrumentalisiert werden, um andere zentrale Themen der Frauenbewegung in den Hintergrund zu drängen. Themen wie der Gender Pay Gap, die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit oder die Entkriminalisi
erung des Schwangerschaftsabbruchs sind nach wie vor drängende Fragen. Es ist wichtig, die Menopause nicht isoliert zu betrachten, sondern im Kontext einer umfassenden Forderung für Gleichberechtigung und Berücksichtigung von komplexen Lebenswirklichkeiten. Mind the gap!
Zweitens darf nicht außer Acht gelassen werden, dass massive finanzielle Interessen hinter den Themen Endometriose und Menopause stehen. Pharmafirmen investieren enorme Summen in die Entwicklung und Vermarktung von Produkten, die Frauen in der Menopause ansprechen – von Hormonersatztherapien bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln. Gleichzeitig profitieren Lifestyle-Marken und Selbsthilfeberaterinnen, die ihre Existenz an diese Themen knüpfen, von diesem Markt. Diese Akteur*innen nutzen die Sensibilisierung für die Menopause, um Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Es ist daher essenziell, kritisch zu hinterfragen, wem diese Diskussionen dienen: ob sie wirklich den Anliegen von Frauen gerecht werden oder vor allem den Profitinteressen mächtiger Akteure.
Schließlich besteht die Gefahr, dass durch die Betonung einer Zweiteilung der Geschlechter das alte Bild von Frauen, bzw. Menschen mit Ovarien, als in ihren Fähigkeiten beeinträchtigt zu sein, wieder aufgegriffen wird. Diese Sichtweise kann unbeabsichtigt dazu beitragen, antifeministische Narrative zu fördern. Die Quelle des Antifeminismus liegt oft in genau dieser Vorstellung: eine Welt, in der Männer und Frauen in festen, gegensätzlichen Rollen verankert sind.
Es ist wichtig, zwischen der Anerkennung von Unterschieden und der Bewertung derselben zu unterscheiden. Ziel eines intersektionalen Feminismus ist es, Unterschiede zu respektieren, aber gleichzeitig eine Gleichbewertung und Entdiskriminierung in mehreren gesellschaftlichen Dimensionen zu erreichen. Audre Lorde und Pat Parker, Aktivistinnen der afroamerikanischen feministischen Bewegung der 1980er Jahre, bringen diese Ambivalenz in Bezug auf Unterscheidung hinsichtlich der Hautfarbe treffend auf den Punkt: „Vergiss, dass ich schwarz bin. Aber vergiss nie, dass ich schwarz bin.“ zurück.
Die Jahrestagung der Frauenärztinnen im AKF haben Anne Knoch, Kristina Richardt. Ulrike Schreiber, Imke Schwartau, Nora Szász, Melissa Yildirim-Duvinage und Lydia Ziegler vorbereitet und durchgeführt. Herzlichen Dank!