Pressemitteilung: Schwangerschaftsabbruch entkriminalisieren: Weg mit dem § 218! Zur Veröffentlichung des Berichts der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin – AG 1
15. April 2024 – Heute hat die von drei Bundesministerien eingesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ihren Abschlussbericht vorgestellt. Sie empfiehlt darin klar, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln. Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. (AKF) fordert die Bundesregierung auf, dies rasch umzusetzen und zügig ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Der § 218 muss endlich aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden!
Juliane Sim, Vorsitzende des Arbeitskreises Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. (AKF), dazu: „Die Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper und ihr Leben ist juristisch verbrieft und ein Menschenrecht. Die Expert*innen konstatieren in ihrem Bericht: Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft ist nicht haltbar. Auf diese Einschätzung warten Frauen seit 150 Jahren!“
Es ist ein Paradigmenwechsel: Die Expert*innen der Kommission betonen endlich das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und verneinen eine Pflicht zum Austragen, von der die jetzige Regelung ausgeht. Gerade in der Frühphase der Schwangerschaft komme den Grundrechten der Schwangeren in Abwägung zum Lebensrecht des Embryos bzw. Fötus ein starkes Gewicht zu, so die Kommission.
Der AKF e. V. setzt sich – zusammen mit vielen anderen Organisationen und Bürger*innen – dafür ein, den Schwangerschaftsabbruch nicht mehr strafrechtlich zu regeln und damit die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen und schwangeren Menschen zu stärken. Denn die Entscheidung, eine Schwangerschaft auszutragen oder nicht, muss respektiert und ermöglicht werden. Um diese Rechte zu verwirklichen – so die Position des AKF –, brauchen Frauen unter anderem zugängliche und sichere Einrichtungen, respektvolles Gesundheitspersonal und die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.
Die bisherige Regelung führt zu vielen Hürden. Die ELSA-Studie, deren Ergebnisse am 10.04.2024 vorgestellt wurden, zeigt: Ungewollt Schwangere und medizinisches Personal stoßen auf vielfältige Hindernisse wie Zugangsbarrieren, finanzielle Belastungen und nicht zuletzt Stigmatisierung. Diese sind auch direkte Folgen der Strafbarkeit des Abbruchs und Ausdruck völkerrechtswidriger Diskriminierung. Für beide Gruppen herrscht bisher kein gesellschaftlicher Frieden, der durch eine Diskussion über eine Liberalisierung gestört würde.
Mit dem Wegfall der Strafbarkeit entstünde auch endlich die Möglichkeit der Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen. Sowohl die Leitlinie der Weltgesundheitsorganisation Abortion Care (2022) als auch die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) fordern, den Schwangerschaftsabbruch zu entkriminalisieren, die sexuellen und reproduktiven Rechte umzusetzen und damit die Versorgung zu verbessern. Der Schwangerschaftsabbruch gehört genauso wie die Schwangerenvorsorge in die reguläre Gesundheitsversorgung.
Das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatten auf Grundlage des Koalitionsvertrages die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin berufen. Sie konstituierte sich am 31. März 2023 und stellte heute ihren Abschlussbericht vor.
Pressemitteilung des AKF e.V.– pdf
Gemeinsame Pressemitteilung der Verbände– pdf
Abschlussbericht der Kommission
Pressekonferenz der Kommission vom 15.4.2024 auf Youtube
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Sylvia Groth, Frauengesundheitsaktivistin
Dr. med. Eva Waldschütz, Frauenärztin