Alles Menopause oder was?! – Zusammenfassung der Fachtagung des Arbeitskreises Frauengesundheit (AKF) 2025
Die Fachtagung „Alles Menopause oder was?!“ des Arbeitskreises Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V., die am 1. und 2. November 2025 in Leipzig stattfand, widmete sich der aktuellen Debatte um die Wechseljahre. Ziel der Tagung war es, jenseits von Mythen, Kommerz und Defizitdeutungen eine sachliche, evidenzbasierte und lebensnahe Auseinandersetzung mit dieser Übergangszeit zu fördern. Die Veranstalterinnen stellten die Frage, wie Frauen in der Lebensmitte angemessen versorgt und begleitet werden können, ohne ihre Erfahrungen zu pathologisieren oder zu trivialisieren. Dabei geht es ebenso um die Förderung von Gesundheitskompetenz und Selbstfürsorge wie um gute medizinische Praxis, Forschungslücken und strukturelle Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Arbeitswelt.
Den ersten Tag eröffnete ein Grußwort von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken. Die AKF-Vorsitzende Juliane Sim wies in ihrer Begrüßung darauf hin, wie unser Blick auf biologische und kulturelle Phänomene von Narrativen geprägt wird. Sehen wir die Wechseljahre als Mangelzustand oder als Übergangssituation, haben wir vielfältige Bilder oder nur einseitige?
Im ersten Vortrag analysierte die Wiener Anthropologin Sylvia Kirchengast verschiedene Hypothesen, weshalb die Wechseljahre evolutionär vorteilhaft sein könnten – zumal sie nur bei sehr wenigen Spezies vorkommen. So schaute sie kritisch auf die „Großmütterhypothese“, der zufolge die Enkel davon profitieren, wenn sich ihre Großmütter mehr um sie kümmern können. Kirchengast betont, dass ein weltweiter Blick auf die Wechseljahre wichtig ist – in Rajastan/Indien ist diese Lebensphase zum Beispiel mit einem Statusgewinn verbunden.
Im Anschluss betrachtete Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Kerstin Weidner die Wechseljahre als psychosomatische Schwellenzeit. In ihrer Forschung hat sie den Standard-Fragebogen zu Wechseljahresbeschwerden (Menopause Rating Scale) Frauen im Alter von 14 bis 92 Jahren vorgelegt – in einer zweiten Erhebung auch Männern. Die Ergebnisse zeigen: Mit zunehmendem Alter nehmen Beschwerden wie Schlafprobleme, Muskel- und Gelenkschmerzen, Herzprobleme sowie Erschöpfung bei allen Menschen zu. Nur Hitzewallungen lassen sich eindeutig den Wechseljahren zuordnen. Wie stark Beschwerden empfunden werden, hängt von vielen Faktoren ab – etwa Wohnregion, Alter, psychischer Belastung, körperlichen Symptomen, Depression, Stress und Müdigkeit. Deshalb sollten Beschwerden in dieser Lebensphase genauer geprüft werden, da sie oft auch andere Ursachen haben können. Weidner betont dabei, dass dies nicht bedeuten dürfe, Beschwerden nicht ernst zu nehmen oder einseitig auf psychische Ursachen zurückzuführen.
Julia Bartley, gynäkologische Endokrinologin, stellte die Evidenzlage zu Wechseljahrsbeschwerden und Hormontherapie vor, mit Blick auf zentrale Studien wie die Women’s Health Initiative, die 2002 gezeigt hatte, dass eine langjährige Hormontherapie ernste Risiken wie Brustkrebs und Schlaganfall hat. Sie blickte kritisch auf die (unvollständige) Evidenz zu aktuell häufigen Formen der Hormontherapie und berichtete aus der Arbeit an der Leitlinie zur Peri- und Postmenopause.
Die Fachärztin für Innere Medizin Dagmar Hertle lenkte den Blick auf Versorgungspraxis und Krankenkassendaten der BARMER. Sie stellte Zahlen zu den Diagnosen der Menopause Rating Scale und zu Krankschreibungen und Hormontherapien bei BARMER-versicherten Frauen zwischen 40 und 65 Jahren vor. Einige Ergebnisse: Etwa 18 % der Frauen, bei denen Hitzewallungen diagnostiziert wurden, erhalten eine Hormontherapie. Und der Arbeitsausfall bei Frauen mit und ohne Hitzewallungen ist ungefähr gleich – dass die Wechseljahre einen großen wirtschaftlichen Schaden verursachen würden, geben diese Krankenkassendaten also nicht her.
Anschließend berichtete der Wissenschaftsjournalist Klaus Koch davon, wie die Berichterstattung und die Reaktion vieler Frauenärzte (Gendern nicht erforderlich) auf die WHI-Studie 2002 aussah: Eindrücklich schilderte er, wie sehr Teile der damaligen Eminenz versuchten, sich gegen die neue Evidenz zu wehren und das Narrativ des hormonellen Mangelzustands zu verteidigen – und wie die Pharmaindustrie dies unterstützte.
Den Abschluss des Fachtags bildet ein Generationendialog zum Thema Erleben der Menopause im Wechsel der Zeit – Natürliche Lebensphase versus Selbstoptimierung? zwischen der Frauenärztin, Psychotherapeutin und früheren Vorsitzenden des AKF Maria Beckermann und der Journalistin Miriam Yung Min Stein.
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Miriam Stein kam aufgrund eigener starker Probleme in der Prämenopause zu dem Thema. Da ihr selbst viele Informationen fehlten, hat sie ausführlich dazu recherchiert, den Beststeller „Die gereizte Frau“ darüber geschrieben und die Kampagne „Wir sind 9 Millionen“ mit initiiert.
Maria Beckermann kam zu dem Thema, als sie als junge Ärztin mit 33 Jahren von einem Frauenbuchladen eingeladen wurde, über die Wechseljahre zu referieren. Sie kam 1995 – in der Hochphase der Hormontherapie – zum AKF und zu den dort organisierten Gynäkologinnen, die diese infrage stellten. Für die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) hat sie an der ersten S3-Leitlinie zu Peri- und Postmenopause mitgearbeitet.
Maria Beckermann fände es wichtig, das Thema Wechseljahre stärker in die Ausbildung von Gynäkolog*innen zu integrieren und für Beratungen dazu eine Abrechnungsnummer für die Ärzt*innen zu schaffen. Sie meinte, jede Generation müsse das Thema neu begreifen. Ein großes Problem sei die inzwischen erfolgte Kommerzialisierung.
Miriam Stein erklärte, jüngere Frauen hätten heute ein anderes Interesse an dem Thema, das gebe ihr Hoffnung. Frauen mit Migrationshintergrund seien nach ihrem Eindruck aus den – wenigen – Studien dazu eher mehr von Problemen in den Wechseljahren betroffen bzw. hätten mehr Probleme, dazu Beratung zu finden. Es sei gut, dass das Thema die politische Ebene erreicht habe, auch im Koalitionsvertrag. Sie selbst war inzwischen bei allen Parteien eingeladen und hat dort referiert. Sie forderte, das Thema auch im Schulunterricht zu besprechen.
Zum Thema „Integration in die Ausbildung“ gab es aus dem Publikum unterschiedliche Positionen. Einige meinten, im Studium sei dies schwierig, wichtiger sei, es in der Facharztausbildung und in der Fortbildung zu verankern.
Das Thema finanzielle Förderung der Kampagne „Wir sind 9 Millionen“ spielte in der Diskussion eine größere Rolle. Mehrere AKF-Frauen forderten finanzielle Unabhängigkeit und wiesen auf die finanziellen Interessen von Firmen hin, die mit Produkten zu Wechseljahresbeschwerden handeln. Miriam Stein erklärte, zwar hätten einzelne Mitglieder, darunter auch sie selbst, Honorare für Vorträge erhalten und es seien auch einzelne Veranstaltungen gefördert worden, aber die Kampagne selbst sei finanziell unabhängig und nicht gefördert worden.
In der Diskussion wurde die Notwendigkeit betont, dass solche Interessenskonflikte immer offengelegt werden müssen. Umso wichtiger sind unabhängige, verlässliche, gut verständliche Informationen über die Wechseljahre, die Frauen verschiedener Gesellschaftsschichten erreichen. Denn je mehr wir über unsere Körper wissen, desto besser können wir gute Entscheidungen treffen.
Lebhaft debattiert wurde auch, inwiefern man sich die Medienaufmerksamkeit und das Pharmainteresse für das Thema Wechseljahre zunutze machen könne und solle, um Aufmerksamkeit für das Thema zu generieren. Auch die Einschätzungen dazu, inwiefern es einem guten Umgang mit wechseljahresassoziierten Beschwerden nützt, wenn der Fokus zu stark auf hormonellen Veränderungen liegt, lagen auseinander.
Der zweite Tag widmete sich den Schnittstellen von Wechseljahren, Arbeitswelt, Medien und Politik. Silke Raab vom DGB beleuchtete die Frage, wie betriebliche Gesundheitsförderung Frauen in dieser Lebensphase unterstützen kann, ohne sie zu stigmatisieren. Sie beschrieb, dass die meisten Frauen in Berufsfeldern wie sozialen und Reinigungsberufen tätig sind, in denen ihnen zum Beispiel Homeoffice größtenteils nicht möglich ist. Gut erforscht sei, dass Arbeitsintensität, verkürzte Ruhezeiten und Personalmangel häufige Ursachen zum Beispiel für Schlaflosigkeit und Erschöpfung seien – und damit für viele angeblich typische Wechseljahresbeschwerden. Geschlechtergerechtes betriebliches Gesundheitsmanagement sei nötig, um die Beschwerdebilder anzugehen, egal wo sie herkommen. Das biologische und soziale Geschlecht sowie die Lebensverlaufsperspektive müssten berücksichtigt werden. Ihr Fazit: Eine wechseljahresfreundliche Arbeitskultur – ja, wenn das eine geschlechtssensible Umsetzung für alle in allen Lebensphasen bedeutet.
Im Anschluss betrachtete die Journalistin Lisa Welzhofer die mediale Renaissance des Themas. Sie analysierte, welche strukturellen Gründe es für die vermehrte Berichterstattung über Wechseljahre gibt: mehr Frauen in leitenden Positionen in den Verlagen und Medienhäusern; mehr „weiche“ Themen werden online nachgefragt; Social media verlange eine Emotionalisierung und eine noch stärkere Fokussierung auf Personen und Formate wie Testimonials. Hinzu komme der kommerzielle Erfolg mit dem „Menopause Gold Rush“ – 18 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr 2024 durch Produkte mit Wechseljahres-Bezug. Welzhofer benannte Chancen und Risiken der Artikelflut: Einerseits wird so ein Bewusstsein für die Bedeutung des Themas geschaffen – andererseits erleben wir eine Medikalisierung und Kommerzialisierung.
Den Abschluss der Fachtagung bildete eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Alles Menopause oder was? – Brauchen wir eine nationale Menopausenstrategie?“.
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An der Podiumsdiskussion nahmen fünf Frauen teil: Paula Piechotta, Fachärztin für Radiologie und MdB für Bündnis 90/die Grünen, Christine Enenkel, Mitglied im Vorstand der Bahn-BKK und stellvertretende Vorsitzende der Frauenunion Sachsen, Britta Scholten, Wechseljahresberaterin bei Palais F*luxx und Mitglied der Initiative „Wir sind 9 Millionen“, Silke Raab, Referatsleiterin für gleichstellungsorientierte Familienpolitik bei DGB-Bundesvorstand sowie Silke Koppermann, Gynäkologin und stellvertretende Vorsitzende des AKF. Es moderierte Anne Dölemeyer.
Frau Enenkel meinte, der Antrag der CDU zu einer nationalen Menopausenstrategie im Bundestag sei jetzt in den Ausschüssen. Er müsse nun weiterentwickelt werden. Sie berichtete, dass im Mai 2025 von der Frauenunion der CDU in Reutlingen ein neuer Antrag zu geschlechtersensibler Forschung verabschiedet wurde. (Die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken wurde dort übrigens zur neuen Vorsitzenden der Frauenunion der CDU gewählt.)
Frau Piechotta wies darauf hin, dass es alle drei Jahre neue Schlaglichter in der Diskussion gebe. Wichtig sei eine kontinuierlichere Strategie, um zu einem breiteren Verständnis zu kommen. Themen wie Menopause sollten nicht zu einem Thema politischer Auseinandersetzungen werden.
Silke Koppermann betonte für den AKF, dass Frauen in der Lebensmitte vielfältige Belastungen aushalten müssten und ihre Fragen und Beschwerden erst genommen werden müssen. Gleichzeitig bestehe aber in der aktuellen Debatte die Gefahr, dass sie auf ihre Biologie reduziert werden und dass vor den Wechseljahren eher Angst gemacht wird. Aktuell entwickele sich ein riesiger Markt mit angeblich hilfreichen Angeboten – hier brauche es Regelungen und vor allem gute Informationen für die Frauen.
Frau Raab betonte wie schon in ihrem Vortrag, aus DGB-Sicht seien Wechseljahresbeschwerden im Kontext anderer Belastungen von Frauen im Lebensverlauf zu sehen. Wichtig sei ein ganzheitlicher Ansatz, um einen Interessenausgleich zu finden. Die Forderung nach flexiblen Arbeitszeiten könne zum Beispiel nicht nur Frauen mit Schlafstörungen in den Wechseljahren helfen, sondern auch Schwangeren mit Morgenübelkeit und anderen Menschen, denen aufgrund von Belastungen der Schlaf geraubt wird. Für die Umsetzung solcher Maßnahmen seien starke Interessenvertretungen wichtig. Das Bewusstsein dafür müsse gestärkt werden – auch in den Gewerkschaften selbst. Dazu gebe es zum Beispiel Betriebsräte-Schulungen.
Frau Enenkel ergänzte hierzu, in großen Unternehmen gebe es bereits Ansätze im betrieblichen Gesundheitsmanagement – für alle, nicht nur zur Menopause. Bei der Deutschen Bahn gebe es zum Beispiel dazu Workshops. Großen Bedarf gebe es aber bei den mittelständigen Unternehmen.
Britta Scholten arbeitet als Wechseljahresberaterin nicht nur für einzelne Frauen, sondern auch für Unternehmen und hat positive Erfahrungen mit dort organisierten Veranstaltungen für Frauen gemacht. Ziel sei unter anderem das Empowerment für Frauen.
Frau Piechotta kritisierte, dass sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch das Bundesforschungsministerium Millionen-Programme für die Forschung zur Frauengesundheit auflegen wollen. Besser als intransparente Doppelstrukturen seien klare Zuständigkeiten. Dagegen meinte Frau Enenkel, es sei zwar sinnvoll, den Schwerpunkt im Bundesgesundheitsministerium zu setzen, aber auch die Einbeziehung anderer Ministerien sei wichtig.
Zum Thema der besseren Vergütung der sprechenden Medizin gab es keine einheitliche Einschätzung. Piechotta meinte, für Hausärzt*innen habe es doch eine Ent-Budgetierung gegeben. Sie sprach sich dagegen aus, gesonderte Ziffern für alle möglichen Beratungen zu schaffen. Andere wiesen darauf hin, dass Hausärzt*innen gar nicht genug zeitliche Kapazitäten hätten.
Zum Thema der Einbeziehung von Wechseljahresbeschwerden in die medizinische Ausbildung meinte Piechotta, dies sei nicht realistisch, wichtiger sei hier mehr Weiterbildung. Die Debatte dazu müsse in den Fachgesellschaften und bei den Kassen geführt werden. Auch Scholten sprach sich für mehr Weiterbildung aus.
Scholten wurde gefragt, ob die Kampagne „Wir sind 9 Millionen“ wirklich eine Bewegung so vieler Frauen sei oder die Frauen dieser Altersgruppe nicht eher instrumentalisiere. Sie antwortete, sie seien viele, es sei gut, dass das Problem Wechseljahre thematisiert werde, und sie sehe eine Legitimierung von unten.
Die Moderatorin Anne Dölemeyer fragte zum Schluss noch einmal alle Teilnehmerinnen zu ihrer Position zu einer nationalen Menopausenstrategie.
Enenkel wiederholte, der CDU-Antrag müsse weiterentwickelt werden. Wichtig seien ein barrierefreier Zugang zu Beratung für alle und eine Verankerung in den Lebenswelten.
Piechotta sprach sich für einen überparteilichen Zugang aus. Außerdem: Wenn Hausärzt*innen der zentrale Zugang in der Beratung sein sollten, dann müssen die auch über Weiterbildung fitter gemacht werden.
Koppermann betonte das Thema der Mehrfachbelastung von Frauen in dieser Lebensphase, sodass nicht alle Beschwerden einfach nur der Menopause zugeordnet werden können.
Raab betonte ebenfalls, man müsse Strukturen angehen und nicht nur Einzelfälle. In den letzten 20 Jahren sei man nur mühsam vorangekommen. Bei Frauen in Führungspositionen gäbe es Fortschritte, beim Gender Pay Gap weniger. Gleichstellung brauche mehr Geld, aber sie habe einen Mehrwert. Man müsse außerdem fragen, wo Subventionen hinfließen.
Scholten wies noch einmal darauf hin, dass wir mehr aussagekräftige Forschung brauchen.
In der Diskussion mit dem Publikum wurde noch einmal der Aspekt betont, dass die Primärversorgung über Hausärzt*innen schon aus Kapazitätsgründen nicht funktioniere. Ärmere Frauen könnten sich aber eine privatärztliche Versorgung nicht leisten; nur privatärztlich zu erbringende Leistungen können außerdem keine Lösung sein.
Zur Frage, was wir an Forschung brauchen, meinte Piechotta, es müsse nicht alles in Deutschland neu erforscht werden. Sinnvoll sei mindestens eine europäische Koordination. Raab sprach sich für Ressort-übergreifende Gleichstellungsstrategien plus Gender-Budgeting aus. Enenkel forderte geschlechtergerechte Forschung zur (auch barrierefreien) Versorgung in allen Lebenslagen und ein betriebliches Gesundheitsmanagement auch über die Krankenkassen. Scholten verlangte Strategien, Aufklärung und Überprüfung der Evidenz. Koppermann forderte, die vorhandene Evidenz sowohl zu den Ursachen von Beschwerden als auch zum Nutzen von Therapien sollte überhaupt erst einmal zur Kenntnis genommen werden. Piechotta forderte gute neue Leitlinien; wenn es bei der Umsetzung Probleme gäbe, müsse dann politisch nachgesteuert werden.
Fazit:
Deutlich wurde: Die Wechseljahre sind kein Randthema, sondern ein Spiegel gesellschaftlicher Haltungen gegenüber Frauen, Alter und Gesundheit. Während in Medien und sozialen Netzwerken immer mehr Stimmen ein größeres Bewusstsein für die Perimenopause fordern, sind zugleich kommerzielle Anbieter auf den Zug aufgesprungen – mit teils fragwürdigen Heilsversprechen und hohem Marketingaufwand.
Einerseits ist es aus Sicht des AKF überfällig, dass diese wichtige Lebensphase endlich enttabuisiert und offen diskutiert wird. Andererseits sind viele Beschwerden in der Lebensmitte Studien zufolge nicht (nur) hormonell bedingt. Viele Beschwerden, die den Wechseljahren zugeschrieben werden, entsprechen denen bei allgemeiner Überlastung. Die Gefahr besteht, dass einseitig auf die Hormone geschaut wird und Lebensphasen von Frauen medikalisiert und auch kommerzialisiert werden.
Der AKF mahnt an, diese Debatte auf wissenschaftlicher Grundlage zu führen. Dazu ist mehr Forschung nötig, um Wissenslücken zu füllen – zum Beispiel zum angeblich geringeren Risiko der niedrig dosierten Hormontherapie.
Eine sogenannte „nationale Menopausenstrategie“ sieht der Verein kritisch. Denn Belastungen und Beschwerden von Frauen müssen in allen Lebensphasen ernst genommen werden, sowohl in der Medizin als auch in der Arbeitswelt. Dafür nötig sind ganz unterschiedliche Maßnahmen – von gendersensiblem betrieblichem Gesundheitsmanagement bis hin zu einer angemessenen Vergütung von Beratung und sprechender Medizin. Nicht zuletzt benötigen alle Frauen verlässliche und evidenzbasierte Informationen, die ihnen eine selbstbestimmte Entscheidung ermöglichen.