Pink V(iagra) * – Die Lustpille für die Frau?
Die Journalistin und Publizistin Dr. Eva Schindele (Fachbereiche Medizin, Ethik, Biowissenschaften, Psychologie, Gesundheitspolitik) hat für Deutschlandfunk einen wichtigen Hörfunkbeitrag zu dem neuen Medikament „Addyi“ gemacht. Unter dem Titel Sex Sells:„Wie weibliche Unlust zur Krankheit wurde“ zeigt sie auf, welche Strategien Pharmafirmen entwickeln und wie diese die amerikanische Zulassungsbehörde FDA unter Druck setzen.
Aus der gynäkologischen Praxis
Annegret Gutzmann, Gynäkologin, kommt in dem Beitrag ebenfalls zu Wort. Sie arbeitet als Psycho- und Sexualtherapeutin:
„Insofern hat mich das sehr gewundert, dass dieser Zustand letztendlich in Form eines Krankheitsbildes HSDD, Hypo-Sexual-Desire-Disease widerspiegelt und in dem neuen Erkrankungskatalog, im DSM-5 wiederfindet und damit überhaupt die Weihen bekommen hat als eine von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannte Erkrankung dazustehen. […] Vor Jahrzehnten war es so, dass Frauen die Lust auf Sexualität abgesprochen wurde. Heute ist es so, dass es fast eine Verpflichtung zur Sexualität gibt – egal welches Alter eine Frau hat. Daran sehen Sie schon, wie abhängig ist das von gesellschaftlichen Konditionen, von einem Zeitgeist und von einer Norm kann man gar nicht sprechen.“
Kritisch bleiben
Eva Schindele stellt die notwendigen kritischen Fragen:
„Wie viel Sex ist „normal“? Einmal im Monat? Einmal die Woche? Jeden Tag? Und schürt die „Lustpille“ nun sogar die Erwartungen an Frauen? Und der Frauen an sich selbst? Oder: Wird die Frau irgendwann von ihrer Unlust geheilt oder profitiert sie nur, wenn sie die Pille dauerhaft schluckt? Gibt es Langzeitrisiken?“.
Viele Fragen, die Frauen nur individuell beantworten können und auch Fragen, auf die es bisher keine Antworten gibt.
Stellungnahme des Berufsverbandes für Heilpraktikerinnen
„In Bezug auf die reproduktive Gesundheit und Sexualität von Frauen stehen vor allem wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Der Frauenkörper muss dafür herhalten, Bedürfnisse und Ich-Ideale auf Knopfdruck zu befriedigen.“
Das zerstöre die Möglichkeit, eine selbstbestimmte erfüllte Sexualität leben zu können. So die Kritik des Berufsverbands für Heilpraktikerinnen – Verein von Frauen zur Förderung der Naturheilkunde – Lachesis e.V. in der kritischen Stellungnahme zu dem neuen Medikament. Der Verband verweist dazu u.a. auf die Erfahrungen aus anderen Bereichen der Frauengesundheit wie Verhütung, Wechseljahre und Kinderwunsch. Es sei deswegen an der Zeit, ein altes Motto neu zu beleben: Mein Frauenkörper gehört mir!
Das unterstützt der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) nachdrücklich. Die beiden Beiträge bieten eine gute Basisinformation zu dem neuen Medikament.
Dr. Eva Schindele: Sex Sells: Wie weibliche Unlust zur Krankheit wurde (Manuskript zum Beitrag bei Deutschlandradio v. 17.01.2016 mit weiterführenden Quellen)
Pink V(iagra) * – Die Lustpille für die Frau? Kritische Stellungnahme des Berufsverbandes für Heilpraktikerinnen Lachesis e.V. (bei Lachesis e.V.)
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