Abschlusserklärung

Abschlusserklärung

Abschlusserklärung des
Fachtages „Frauengesundheit und Klimawandel“, 2. & 3. November 2024
des Arbeitskreises Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. (AKF)

 Frauen sind weltweit überproportional von der Klimakrise betroffen, und überproportional treffen die Auswirkungen der Klimakatastrophe Frauen im globalen Süden. Gesundheitliche, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede machen sie besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels. Dies ist eine strukturelle Ungerechtigkeit, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es überproportional Männer (und westliche Gesellschaften) sind, die dafür verantwortlich sind: Sie treffen Entscheidungen, die den Klimawandel verursachen und beschleunigen und wesentliche Ausgleichsmaßnahmen für eine Anpassung an den Klimawandel und dessen Folgen verhindern.

Hier sind einige der zentralen Punkte:

  1. Gesundheit: Naturkatastrophen, einschließlich ihrer Langzeitwirkungen, und extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen oder Überschwemmungen haben direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen, insbesondere während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Alter. Im globalen Süden haben Frauen oft einen eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdiensten, was ihre Anfälligkeit für klimabedingte Krankheiten erhöht.
  2. Rollenverteilung und Verantwortung: Hitze und andere Extremwetter treffen Frauen aufgrund der mehrheitlich durch sie geleisteten Care-Arbeit für die Gesundheit und Pflege von Angehörigen doppelt. Besonders im globalen Süden machen klimabedingte Veränderungen wie Dürren, Überschwemmungen oder Ernteausfälle diese Aufgaben zeitaufwändiger oder zunehmend unmöglich.
  3. Zugang zu Ressourcen: Frauen haben oft weniger Zugang zu wichtigen Ressourcen – wie Land, Bildung, Krediten und Technologien. Dies schränkt ihre Fähigkeit ein, sich an den Klimawandel anzupassen oder Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Landrechte sind oft auf Männer konzentriert und Frauen haben seltener Mitspracherecht bei Entscheidungen über landwirtschaftliche Produktion und Ressourcenverteilung.
  4. Geschlechterbasierte Gewalt: Klimakrisen führen zu einem Anstieg von geschlechtsspezifischer Gewalt. In Zeiten von Unsicherheit und Ressourcenknappheit sowie nach Naturkatastrophen kommt es häufiger zu häuslicher Gewalt, sexuellen Übergriffen und Menschenhandel.
  5. Ökonomische Verwundbarkeit: Frauen arbeiten öfter in prekären, schlechter bezahlten und weniger krisenfesten Arbeitsverhältnissen. Armut führt beispielsweise oft zu Wohnverhältnissen, die schlechter vor Klimaveränderungen schützen. Die durch Ernteausfall bedingten höheren Lebensmittelpreise können sich Frauen immer weniger leisten.
  6. Politische Teilhabe und Entscheidungsmacht: Frauen sind weltweit in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen unterrepräsentiert. Dadurch fehlen oft geschlechtersensible Perspektiven bei der Planung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen.

 

Forderungen des AKF

Klimaschutz als Verantwortung des Gesundheitswesens

Das Gesundheitssystem trägt aufgrund des hohen Vertrauens in seine sechs Millionen Beschäftigten eine gesellschaftliche Verantwortung, die Auswirkungen der Klimakrise in seinem Bereich anzuerkennen. Daher trägt es ebenfalls eine Verantwortung für Sensibilisierung, Aufklärung und Schutzmaßnahmen – sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene. Die Zuständigkeitsbereiche der Akteur*innen müssen entsprechend erweitert werden. Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Pflegende und andere Heilberufe sowie Berufsverbände, Kammern, Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenhäuser bzw. Krankenhausgesellschaften müssen verbindliche Nachhaltigkeitskonzepte entwickeln, die in Aus- und Weiterbildungen vermittelt und regelmäßig aktualisiert werden und deren Umsetzung kontrolliert wird.

Klimafolgenangepasste Gesundheitsversorgung

In der Patient*innenversorgung ist der Umgang mit der Klimakrise aktiv zu thematisieren. Dabei ist die besondere Betroffenheit und Vulnerabilität von Frauen zu berücksichtigen, um gesundheitliche Folgeschäden durch Präventionsmaßnahmen abzufedern. Diese Maßnahmen erfordern eine angemessene finanzielle Ausstattung. Betroffene sollen gezielt zum klimafolgenangepassten Verhalten beraten werden, insbesondere in spezifischen weiblichen Lebensphasen.

Politik und Gesetze berücksichtigen die Besonderheiten der Frauengesundheit

Die Bundesregierung, Landesregierungen und Kommunen sind aufgefordert, Aspekte der Frauengesundheit bei der Umsetzung des Klimaanpassungsgesetzes sowie in alle Klimaanpassungspläne zu integrieren. Politische Strategien sollen entwickelt werden, um die Klimakrise zu kommunizieren, vor allem für besonders betroffene Gruppen. Klimaziele und die Praxis der Klimaanpassung sind dabei unter Berücksichtigung intersektionaler Aspekte zu aktualisieren. Erforderlich ist eine konsequente paritätische Besetzung aller politischen Entscheidungsgremien und Führungspositionen. Konkret messbare Handlungsziele sollen einen feministischen Strukturwandel in Kommunen, Ländern und im Bund fördern.

Nachhaltige Förderung von Frauengesundheit

Das Bundesumweltministerium, das Bundesministerium für Gesundheit, sowie das Bundesumweltamt sollen die Entwicklung und Zusammenstellung von Best-Practice-Modellen zur nachhaltigen Förderung der Frauengesundheit unterstützen, die außerdem der strukturellen Unterrepräsentanz von Frauen entgegenwirken.

Gesamtgesellschaftliches Engagement

Um die Klimakrise abzumildern und ihre Folgen angemessen zu bewältigen, ist ein gesamtgesellschaftliches Engagement erforderlich. Daher fordern wir außerdem:

Recht auf eine gesunde Umwelt als Handlungsleitlinie

Die Resolution des UN-Menschenrechtsrates von 2021 und der UN-Generalversammlung, dass alle Menschen das Recht haben, in einer sauberen und gesunden Umwelt zu leben, muss zur Handlungsleitlinie aller politischen Akteur*innen werden.

Globale Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und Ressourcengerechtigkeit

Auf nationaler sowie globaler Ebene sind vor allem notwendig: Armutsbekämpfung, eine faire Verteilung von Ressourcen und Finanzmitteln in Forschung und Praxis, eine Ernährungswende, effiziente Klimakommunikation und die sofortige Entwicklung von Strategien zum Umgang mit zukünftigen Extremereignissen.

Empowerment von Frauen und Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit

Das Empowerment von Frauen und die Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit sind weltweit entscheidende Schlüssel zur Lösung der Klimakrise.

Gesellschaftliche Resilienz fördern

Nachbarschaftliches und bürgerschaftliches Engagement soll allen Menschen – insbesondere benachteiligten Frauen – ermöglicht werden. Jegliche Zusammenschlüsse, die gegen Diskriminierung wirken, fördern die Resilienz aller im Umgang mit Krisen und sind gleichzeitig eine wichtige Grundlage für demokratische Prozesse.

Umsetzung von Klimaschutzurteilen

Die Bundesregierung muss die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 und der Europäischen Menschenrechtskonvention vom April 2024 (Klage der Schweizer Klimaseniorinnen) noch in dieser Legislaturperiode umsetzen.

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