Kampagne „100.000 Mütter“ ruft zur Großdemonstration auf – kurzfristige Änderung des Kundgebungsortes – Mütter dürfen nicht vor das Brandenburg Tor
Berlin. Mit dem Ziel Mütter, Väter und pflegende Angehörige in den Fokus der Gesellschaftspolitik zu rücken, wollen die Kampagnen-Initiatorinnen bis zu 100.000 Menschen am 10. Mai 2025 vor das Brandenburger Tor holen. Ein Katalog, der konkrete Forderungen nach einem gesellschaftlichen und politischen Strukturwandel enthält, soll während der Kundgebung an die Bundesregierung übergeben werden.
Änderung: Nach einer kurzfristigen Absage durch das Bezirksamt muss nun der Ort der stationären Kundgebung auf den Platz der Republik verlegt werden. Ursprünglich angedacht war das Brandenburger Tor.
Die Kampagnen-Initiatorinnen erwarten bis zu 100.000 Teilnehmer*innen vor dem Brandenburger Tor. Als Redner*innen haben sich bekannte Protagonist*innen aus Politik und Gesellschaft angekündigt. So wird unter anderem Schauspielerin Claude de Demo mit der Soziologin Prof. Dr. Jutta Allmendinger sprechen. Außerdem hat sich Serpil Unvar, die Mutter des von einem Rechtsextremisten in Hanau getöteten Ferhat Unvar, für einen Redebeitrag angemeldet. Der Kundgebung geht ein Demonstrationszug voraus, der um 12 Uhr starten soll. Gegen 13.30 Uhr beginnt die stationäre Kundgebung auf dem Platz der Republik.
Notwendigkeit für Handlungsbedarf – Kampagne fordert Mitspracherecht
Die Kampagne „100.000 Mütter“ wurde aus der Notwendigkeit geboren, die strukturellen Ungleichheiten und die gesellschaftliche Überlastung von Müttern sichtbar zu machen. Initiatorinnen sind der Evangelische Fachverband für Frauengesundheit (EVA), der Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF), das Deutsche Müttergenesungswerk und die Initiative #MütterMachtPolitik. Die Mitinitiatorinnen Antje Krause, Geschäftsführerin der Vorsorge-Reha-Klinik Haus Daheim in Bad Harzburg, und Irene Pabst, Geschäftsführerin des Evangelischen Fachverbandes für Frauengesundheit e. V. in Berlin, haben die vergangenen Jahre mit Besorgnis die Lebenssituation für Menschen mit Kindern und zu pflegenden Angehörigen beobachtet. Aus der Summe der Erfahrungen ist die Idee zu der Kampagne erwachsen.
Laut dem Statistischen Bundesamt lebten 20,3 Millionen Mütter im Jahr 2022 in Deutschland. Damit haben fast zwei Drittel (64 Prozent) aller Frauen dieser Altersgruppe mindestens ein Kind zur Welt gebracht. „Wir fordern eine konsequente Einbeziehung von Müttern in sämtliche gesellschaftsrelevante Entscheidungen“, sagt Irene Pabst. „Wir fordern, das Wissen und die Erfahrungen von Müttern zu nutzen, um Teilhabe und Chancengleichheit zu gewährleisten.“ Dies gelte für gesellschaftsrelevante Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Klimawandel, Stadtplanung, Wohnen, Arbeiten oder auch Verkehr, so Pabst weiter. Mitsprache und somit Gleichberechtigung erreiche man nur, wenn Mütter und Menschen, die für andere sorgten, in Entscheidungsprozesse aktiv eingebunden werden würden.
„Wir sind alle Mütter – mit unterschiedlichen Geschichten, Hintergründen und Herausforderungen. Diese Vielfalt ist unsere Stärke“, so Antje Krause. Die Kampagne ruft nicht nur biologische Mütter, sondern alle Care-Arbeitenden auf, sich am Protest zu beteiligen.
Ursache und Wirkung
Inspiriert ist die Kampagne „100.000 Mütter“ durch die täglichen Herausforderungen, denen sich Mütter gegenübersehen: „Fehlende Unterstützungsangebote, Überlastung und ungleiche Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit sowie gesellschaftliche Erwartungen, die oft in gesundheitlichen Problemen münden“, sagt Antje Krause. Darüberhinaus erhielten nach wie vor gewaltbetroffene Mütter bei weitem nicht die psychosoziale Unterstützung, die nötig wäre. Keine KiTa, keine Schule, keine Fremdbetreuung: Vor allem während der Covid-19-Pandemie mussten Eltern häufig ohne Kinderbetreuung auskommen, was vor allem Mütter stark belastet hat. Laut einer Studie des Max-Planck-Institutes erlebten vor allem Mütter, die bereits vor der Pandemie den Großteil der Betreuung übernahmen, mehr Stress, Erschöpfung und Einsamkeit. 24 Prozent der Mütter in Deutschland leiden laut dem Müttergenesungswerk unter Entkräftungssymptomen bis hin zum Burn-Out.
100.000 Mütter fordern: „Antifeministische Haushaltspolitik stoppen!“
Die Kampagne kritisiert die vereinbarte Koalitionslinie der neuen Bundesregierung. So habe sich der niedrige Stellenwert von Frauen und Familien im Wahlkampf bereits angedeutet, sagen die Initiatorinnen. Im Koalitionsprogramm fänden sie zu wenig Entsprechung. Konkrete Gleichstellungsvorhaben seien selten, vieles bliebe zu vage. Thematisiert wird unter anderem das Elterngeld. So sei zwar eine leichte Erhöhung zu erwarten, die Einkommensgrenze für Geburten sei aber seit dem 1. April 2025 für Paare und Alleinerziehende gleichermaßen auf 175.000 Euro gesunken. „Wer jetzt am Elterngeld spart, schwächt gezielt diejenigen, die ohnehin schon strukturell benachteiligt sind“, betont Antje Krause, Mitinitiatorin der Kampagne und Geschäftsführerin der Vorsorge-Reha-Klinik Haus Daheim. „Das ist nicht nur sozial ungerecht, sondern im Zweifel auch demokratieschädlich. Sorgearbeit ist ein Pfeiler unserer Gesellschaft – sie zu entwerten, gefährdet unseren Zusammenhalt. Wir brauchen einen echten Paradigmenwechsel.“
Recht auf Schutz vor Ausbeutung, Diskriminierung, Rassismus und Gewalt
Mütter haben ein Recht auf Schutz vor Ausbeutung, Diskriminierung und Gewalt, betonen die Initiatorinnen. Entsprechende Gesetze müssten verabschiedet, oder, falls bereits vorhanden, zum Schutz von Müttern und ihren Kindern konsequent umgesetzt werden. Zudem sei eine grundlegende Neuausrichtung des Gesundheitssystems unumgänglich. „Gesundheitsversorgung muss niedrigschwellig und intersektional allen Müttern zu Verfügung stehen. Diskriminierungen aufgrund persönlicher Merkmale wie Geschlecht, Einkommen, Bildung, Behinderung, Alter oder kultureller Herkunft müssen sanktioniert werden“, fordert Irene Pabst. “Unsere Vielfalt als Mütter ist eine Stärke. Als Mütter leben wir in Partnerschaften oder sind alleinerziehend, haben eine Migrations- oder Fluchtgeschichte oder sind seit vielen Jahren in unserem Heimatort verwurzelt. Wir sind jung oder alt Mutter geworden, sind berufstätig oder gehen keiner Erwerbsarbeit nach. Als Mütter pflegen wir unsere Angehörigen, haben unsere Kinder adoptiert, sind Transmütter oder leben unter ganz anderen Lebensumständen“, sagt Antje Krause. Menschen bräuchten Unterstützung, die auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet seien: „Und zwar frei von Paternalismus, Rassismus und Diskriminierung. Hierzu muss erhoben werden, was Mütter wirklich brauchen und wie ihre Bedürfnisse erfüllt werden können“, so Krause weiter.
Forderungskatalog soll Bundesregierung übergeben werden
Die Initiatorinnen haben ihre Forderungen in einem Katalog zusammengefasst, der am 10. Mai 2025 der Bundesregierung übergeben werden soll. Der Katalog soll folgende Forderungen enthalten:
- Umsetzung der Frauenrechtskonvention (CEDAW): Deutschland hat sich darin verpflichtet, die geschlechtergerechte Gesetzgebung sowie die Maßnahmen zu implementieren.
- Politik und Finanzen: Das Gender-Budgeting und die konsequente Berücksichtigung geschlechter- und familienspezifischer Auswirkungen bei politischen Entscheidungen. Eine Reform des Elterngeldes – armutsfest, gerecht, partnerschaftlich.
- Bildung und Care-Arbeit: Den Ausbau von Bildungs- und Betreuungsinfrastrukturen sowie gerechte Verteilung von Sorgearbeit sind notwendig, um Frauen gleiche Chancen in der Arbeitswelt zu bieten.
- Gesundheitssystem: Ein nationales Gesundheitsziel „Müttergesundheit“. Ein geschlechtersensibles Gesundheitssystem muss die spezifischen Bedürfnisse von Müttern kennen und berücksichtigen, einschließlich besserer Vorsorgeangebote und Schutz vor Gewalt.
- Zivilgesellschaftliche Beteiligung: Gesellschaftliche und politische Mitsprache für Mütter. Die Förderung feministischer Initiativen und die langfristige Finanzierung von Demokratieprogrammen sind essenziell.
Ablauf der Demonstration
Startpunkt: 12 Uhr, Monbijou-Park/Oranienburger Straße, Berlin. Die stationäre Kundgebung mit Bühnenprogramm, Redner*innen und Musik finden nun nach der Standortänderung auf dem Platz der Republik statt. Gegen 15 Uhr soll der
Forderungskatalog an die Vertreter*innen der Bundesregierung übergeben werden. Ende der Veranstaltung ca. 16 Uhr.
Neue-Demo-Route-Platz-der-Republik
Ablauf der Redebeiträge
13:30–13:35 – Eröffnungsrede
13:35–13:45 – §218 & Queere Elternschaft
Musikalisches Statement von Finna (Jana Pettke)
13:45–13:55 – Geburt & Frauengesundheit
Redebeitrag und Hebammen-Petition
13:55–14:05 – „Alleinerziehend“-Quiz
Mit Sarah Zöllner – Perspektiven alleinerziehender Eltern
14:05–14:15 – Musikalischer Beitrag
Mme Privée mit einem kurzen Musik-Act
14:15–14:25 – Jugend & Gesellschaft
Redebeitrag von Serpil Unvar, weitere Redner*innen
14:25–14:35 – Erwerbsleben, Care & Gerechtigkeit
Gespräch mit Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Claude De Demo
14:35–14:40 – Verfassungsklage
Redebeitrag von Britta J.
14:40–14:50 – Strukturelle Gewalt
Beitrag von Christin Herrmann
14:50–15:05 – Unsichtbare Generationen & Verantwortung
Themen wie Abschiebung, Integration, politische Anfragen
15:05–15:15 – Übergabe an die Politik
Die Initiatorinnen überreichen die Forderungen
15:15–15:25 – Musikbeitrag Faravaz
Musikalischer Abschlussmoment.
15:25–16:00 – Abschlusskonzert
Sousourada (griechische Band).
Demoprogramm
Weitere Informationen zu der Kampagne
Unter https://hunderttausendmuetter.de/ sind weitere Informationen zu finden.
Die Initiatorinnen freuen sich auf weitere interessierte Kompliz*innen und Netzwerkpartner*innen. Zu finden ist die Kampagne zudem auf Instagram.
Ansprechpartner*innen für inhaltliche Fragen und Interviewanfragen: Pressesprecherin: Sina Rühland, Mail: info@hunderttausendmuetter.de.