Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) setzt sich seit Jahrzehnten für die Verbesserung der Frauengesundheit in allen Lebensphasen ein. Im Zentrum unserer Arbeit steht die Förderung einer geschlechtergerechten, partizipativen und evidenzbasierten Gesundheitsversorgung, die die Bedürfnisse und Rechte von Frauen und Familien in den Mittelpunkt stellt.
Daher blicken wir mit großer Besorgnis auf die geplante Verringerung der Studienplätze im Fachbereich Hebammenwissenschaft an der Charité um 50 %, denn dies hätte weitreichende Folgen für die Frauengesundheit und auch die Chancengleichheit von Frauen in der Forschung. Wir fürchten eine Signalwirkung für andere Bundesländer und damit eine massive Gefährdung der Qualität in der Gesundheitsversorgung von Frauen.
Zu den Gründen im Einzelnen:
Universitäre Hebammenausbildung als Grundpfeiler einer hochwertigen Versorgung
Die Akademisierung der Hebammenausbildung ist ein entscheidender Schritt zur Qualitätssicherung in der Geburtshilfe, denn Hebammen tragen maßgeblich zu einer bedürfnisorientierten, individuellen und respektvollen Begleitung von Frauen und Familien während Schwangerschaft, Geburt, im Wochenbett und ersten Lebensjahr des Kindes bei. Eine ausreichende Anzahl akademisch ausgebildeter Hebammen ist unerlässlich, um eine qualitativ hochwertige, präventions- und gesundheitsförderungsorientierte Versorgung sicherzustellen – insbesondere im sensiblen Übergang zur Elternschaft. In universitären Hebammenstudiengängen sind Forschung, Lehre und Versorgung eng verknüpft. Diese Verzahnung ermöglicht es, Fragestellungen aus der Versorgungspraxis in die Forschung einzubringen und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in die Versorgungspraxis und die Lehre zu übertragen.
Forschung als Motor für Innovation und Qualität in der Geburtshilfe
Forschung im Bereich der Hebammenwissenschaft ist unerlässlich, um Versorgungsmodelle weiterzuentwickeln, Prävention zu stärken und die Rechte von Frauen und Familien zu schützen. Die Integration von Forschung in die Ausbildung fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und Innovation. Sie befähigt Hebammen, an der Entwicklung von Leitlinien mitzuwirken, Versorgungslücken zu identifizieren, evidenzbasierte und innovative Versorgungskonzepte zu implementieren und aktiv die Zukunft einer an den Bedürfnissen und Bedarfen von Frauen und Familien ausgerichteten Geburtshilfe mitzugestalten.
Der AKF war und ist maßgeblich an der Entwicklung und Umsetzung des Nationalen Gesundheitsziels „Gesundheit rund um die Geburt“ beteiligt. Dieses Ziel betont die Förderung physiologischer Geburten, die Reduktion unnötiger Interventionen und die Stärkung einer frau-zentrierten, evidenzbasierten Versorgung. Eine starke, universitäre Hebammenausbildung und -forschung ist zentrale Voraussetzung, um dieses Gesundheitsziel zu erreichen und die Versorgungssicherheit sowie die Qualität der Geburtshilfe langfristig zu gewährleisten.
Frauengesundheit im Lebenslauf: Prävention, Empowerment und Teilhabe
Frauengesundheit ist ein lebenslanger Prozess, der von der Kindheit über die reproduktive Phase bis ins Alter reicht. Die Hebammenversorgung spielt dabei eine Schlüsselrolle, da sie nicht nur die Geburt, sondern auch Prävention, Gesundheitsförderung und Empowerment von Frauen in verschiedenen Lebensphasen unterstützt. Akademisch ausgebildete Hebammen sind in der Lage, Frauen und Familien in ihrer Vielfalt kompetent, empathisch und selbstbestimmt zu begleiten und so einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit zu leisten.
Warnung vor Kürzungen – Appell an die Politik
Kürzungen bei der universitären Hebammenausbildung und -forschung – wie sie aktuell an der Charité in Berlin drohen – gefährden nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern auch die Qualität und Zukunftsfähigkeit der Geburtshilfe insgesamt. Sie stehen im Widerspruch zu internationalen und europäischen Standards sowie zu den Zielen einer modernen, evidenzbasierten und frauenzentrierten Gesundheitsversorgung.